Im Helvetia Art Foyer kann aktuell die Ausstellung «Satt Sehen» besucht werden. Alle gezeigten Kunstwerke setzen sich mit dem Thema der Nahrungsaufnahme auseinander, allerdings auf sehr unterschiedliche, abwechslungsreiche Art: Neben gemalten oder fotografierten Stilleben von Kunstschaffenden wie Francisco Sierra und Shirana Shahbazi oder der Installation «Eatmes» von Olaf Breuning, zieht vor allem ein überdimensioniertes Spiegelei mit Speck die Aufmerksamkeit auf sich.
Das Spiegelei mit Speck gehört zum Langzeitprojekt #crochetgiantfood der Künstlerin Tüpf Li/Sabina Speich und ist zusammen mit einer grossen Packung Cup Noodles und einem riesiges Pizzastück momentan im Helvetia Art Foyer zu sehen. Bei allen drei Exponaten handelt es sich um Häkelarbeiten von überdimensionierten Nahrungsmitteln. Was genau hinter den Arbeiten steht und wie Sabina Speich zum Häkeln gekommen ist, verrät sie uns im Interview.
Für das Spiegelei mit Speck habe ich ungefähr drei Monate gebraucht. Ich gehe bei all meinen Arbeiten gleich vor: Erst nachdem ich die Nahrungsmittel eingehend studiert habe, beginne ich zu häkeln. Es ist mir wichtig, die Lebensmittel in echt zu riechen und anfassen zu können. Beim Speck bat ich allerdings eine Freundin von mir, welchen zu braten und mir davon Bilder von allen Seiten zu schicken, da ich selbst kein Fleisch esse.
Vor einigen Jahren tauschte ich mich mit einem befreundeten Künstler aus. Wir machten gemeinsam ein Brainstorming über neue Ideen, blödelten herum und plötzlich landeten wir bei überdimensionalen, gehäkelten Esswaren. Ich habe mich sofort in die Idee verliebt und es macht mir ungeheuer viel Spass, diese Dinger zu erschaffen. Zum Häkeln bin ich bereits 2013 gekommen, als ich wegen eines Burnouts in einer Klinik war. Dort merkte ich bald, wie heilsam und beruhigend sich die Aktivität auf mich auswirkte, nachdem ich sie anfänglich noch ziemlich blöd und trivial fand. Aufgrund meiner persönlichen Krankengeschichte beschäftigten mich die Themen «Essen» und «Konsum» schon immer. Seit drei Jahren halte ich mich an eine strikte Diät und es geht mir seither auch deutlich besser. Somit steckt in diesen Umsetzungen sehr viel Persönliches, was wohl auch erklärt, weshalb mir diese Werke so wichtig sind.
Grösstenteils benutze ich Second Hand-Wolle und -Garne. Ich mache immer mal wieder Aufrufe in den sozialen Medien, dass man mir Restmaterial geben kann, statt es zu entsorgen. So erhalte ich laufend viel Material. Es ist umweltschonend und ich bekomme etliche Geschichten zu den Stücken zu hören.
Die drei von mir ausgestellten Werke sind Teil meines Langzeitprojekts #crochetgiantfood, mit dem ich auf unser Konsumverhalten aufmerksam machen will. Was tun wir uns und unserer Umwelt eigentlich an? Konsumieren wir bewusst? Ist es ein Genuss, eine Gewohnheit oder gar eine Sucht? Oder möchten wir lieber gar nicht darüber nachdenken? Meine Werke sollen ein Denkanstoss sein, möglichst ohne den bösen Zeigefinger auszustrecken. Die neueren Kreationen sind alle mit QR-Codes versehen, die zu verschiedenen Plattformen führen, beispielsweise zu Kunstvideos von mir, die ich speziell für die jeweilige Arbeit gedreht habe, oder zu einem Blog. Ich habe ausserdem vor, thematisch passende Videointerviews mit Menschen auf der gesamten Welt aufzunehmen und diese mit weiteren Codes zu verlinken.
Mein Künstlername entstand, als ich begann, Streetart zu machen. Dabei häkelte ich zum Beispiel öffentliche Gegenstände ein. Da dies nicht wirklich legal war, benötigte ich ein Pseudonym. Auch für meinen Facebook Account brauchte ich einen Vor- und Nachnamen. Ich entschied mich kurzerhand für die Begriffe «Tüpf» und «Li», da mich «Tüpfli» schon seit meiner Kindheit faszinieren. Es gibt ein Foto von mir auf dem ich als Zweijährige im Atelier meines Vaters farbige Tüpfli auf eine grosse Leinwand male. Meine Hündin heisst übrigens auch Tüpfli.