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Kunst

«Enjoy the Silence» im Helvetia Art Foyer

Ruhe und Stille umschreiben das Sujet der aktuellen Ausstellung des Helvetia Art Foyers. Die vielfältigen Werke von Schweizer Kunstschaffenden nähern sich dem Thema auf unterschiedliche Art: Egal ob Wüstenaufnahmen, Bilder von Wasserphänomenen oder aber Werke mit abstrakten Formen – sie alle laden dazu ein, inne zu halten und sich auf die Kunst und sich selbst einzulassen.

29. Januar 2021, Text: Mirjam Arnold, Foto: Viktor Kolibàl, Video: Helvetia

«Enjoy the Silence» ist eine Einladung, das rasante Tempo und den Alltagslärm für einen zeitlosen Augenblick hinter sich zu lassen. Im Alltag beschäftigen uns Globalisierung und Digitalisierung, wir sind begleitet von einer technischen und sozialen Beschleunigung. Zeit ist zum Luxusgut geworden. Jenseits von Hektik, Ablenkung und Zerstreuung bietet die Ausstellung im Helvetia Art Foyer die Möglichkeit, Kunstwerke kennenzulernen, die entweder selbst Ruhe ausstrahlen oder sich mit dem Thema Stille auseinandersetzen. Und dies auf sehr vielfältige Weise.

Unerwartete Farbe

In seiner zweiteiligen Foto-Arbeit «Makhtesh Ramon I et II» zeigt Claudio Moser das Naturschutzgebiet rund um einen der grössten Erosionskrater der Welt in der Wüste Negev in Israel. Durch die leicht in der Höhe verschobene Hängung der beiden Fotografien ist der Horizont durchgängig. Dies unterstreicht die Zusammengehörigkeit der Bilder und bringt zusätzliche Ruhe in das Werk. Auffallend ist das schreiend grelle Gelb, das durch seine intensive Farbigkeit die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Gleichzeitig gelingt es dem Künstler, Stille zum Ausdruck zu bringen. Die Wüsten zählen fernab vom Lärm der Zivilisation zu den ruhigsten Orten der Welt.

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Ausstellungsansicht mit Werken von Cécile Wick, Claudio Moser, Uwe Wittwer (von rechts nach links)

Klare Linien – deutende Titel

Eindeutig weniger Farben sind auf Matias Speschas Werk «Meditation» zu sehen. Im Fokus stehen die in Grau- und Schwarztönen gehaltenen Vierecke. Betrachtet man das Bild konzentriert, wird aus der abstrakten Komposition mit drei Rechtecken eine Landschaft mit einer Horizontlinie, in der ein Objekt steht, oder ein Innenraum mit einer erleuchteten Öffnung. Die Bildfläche wandelt sich zu einem ruhigen, weiten Raum, der sich in Gedanken betreten lässt und zum Verweilen einlädt – eine gute Ausgangslage, um die Zeit so zu nutzen, wie es bereits im Bildtitel vorgeschlagen wird.  

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Ausstellungsansicht mit dem Werk «Meditation» (1966) von Matias Spescha

Das Bild «Parallel Attractor II» von Michael Biberstein wird durch eine klare, auffallende Linie in zwei Teile geteilt. Der Titel ist der Astrophysik entlehnt. Links ist ein Wolkenmeer sichtbar, aus dem im oberen Teil ein diffuses Licht hervordringt. Aufgrund des Werktitels können diese als die unfassbaren, räumlichen und zeitlichen Dimensionen des Alls interpretiert werden. Man sieht dunkle Nebelwolken ohne feste Konturen in turbulenter Bewegung und dahinter erahnt man einen Bereich verklärter Ruhe. Die rechte Bildhälfte erinnert in diesem Kontext an ein schwarzes Loch. Die Tafel besteht aus einem tiefschwarzen, über einen Keilrahmen gespannten Wollstoff. Es wirkt, als ob jedes Licht verschluckt wäre.

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Ausstellungsansicht mit zwei Werken von Michael Biberstein (links: «Parallel Attractor II»)

Verschwommene Erinnerungen

Auf den kleinformatigen Gemälden von Uwe Wittwer hingegen finden sich keine so klaren Linien. Auffällig sind dafür die Unschärfe und dunkleren Farbtöne. Es geht dem Künstler, aber nicht um Traurigkeit und Melancholie, sondern um Erinnerungen. Sich erinnern hiesst auch, einen Moment inne zu halten. Die Landschaften, die wir sehen, die Waldungen, Gewässer und der Himmel, entstammen Fotos, mit denen Uwe Wittwer persönliche Erinnerungen verknüpft.

Das Wasser als Element der Stille?

Einige der Werke, die in der Ausstellung zu sehen sind, fokussieren punkto Natur das Element Wasser. Ein Werk aus der Fotoserie «Where Waters Meet» von Julian Charrière zeigt eine Apnoe-Taucherin in den Wasserhöhlen vor Mexiko und ermöglicht uns so eine nichtalltägliche Sicht auf die Freitaucherin in ihrer gewohnten Umgebung. Das Wasser, das sie umgibt, isoliert sie von der Aussenwelt und umgibt sie mit Ruhe und Stille. Auch Bilder wie «Distinction 1» von Giacomo Santiago Rogado oder «Enjoy the Silence» sowie die Werke «Meer 2» und «Fluss VI» von Cécile Wick zeigen unterschiedliche Perspektiven aufs Wasser.

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Ausstellungsansicht mit dem Werk «Distinction 1» (2017) von Giacomo Santiago Rogado

Schweizerische Vielfalt

Die Ausstellung ermöglicht, wie bereits anhand der Vorstellung einiger Bilder deutlich wird, einen vielfältigen Blick auf Werke rund um das Thema Stille und Ruhe. Teil von «Enjoy the Silence» sind auch zwei Kunstwerke von Mili Jäggi sowie ein weiteres Bild von Michael Biberstein. Mireille Gros nähert sich dem Sujet mit zwei sehr unterschiedlichen Zeichnungen, die an Urwald-Lianen beziehungsweise eine Gartenwiese erinnern. Ugo Rondinone hingegen entführt die Besuchenden ins Weltall und bringt sie mit einer Kerze aus Bronze zurück in den Alltag. Diese Skulptur erweckt Melancholie, da die Flamme als Sinnbild des Lebens bereits erloschen ist.

Eckdaten der Ausstellung «Enjoy the Silence»

3. Dezember 2020 bis 6. Mai 2021
Jeweils donnerstags, 16 bis 20 Uhr (Das Helvetia Art Foyer kann ab dem 1. März 2021 aufgrund der Lockerungen der COVID-Massnahmen des Bundesrates wieder öffnen.)
Helvetia Art Foyer, Steinengraben 25, 4051 Basel
Eintritt frei  

Breites Kunstengagement

Die periodisch wechselnden Ausstellungen im Art Foyer geben Einblicke in die Helvetia Kunstsammlung, die mit über 1 800 Arbeiten von rund 400 Künstlerinnen und Künstlern zu den bedeutendsten im Bereich zeitgenössischer Schweizer Kunst zählt. Pro Jahr finden drei bis vier Ausstellungen statt, an denen Kunstschaffende die Möglichkeit erhalten, ihre Werke einem breiten Publikum zu präsentieren. Zum Kunstengagement von Helvetia, die auch Kunst versichert, zählt auch der Helvetia Kunstpreis, mit dem junge Künstler beim Start ins Berufsleben unterstützt werden.